Korkfehler sind für die Tonne. Habe ich das schon erwähnt? Angenervt von einigen Flaschen, die durch Korkfehler (TCA) verdorben waren, schrieb ich neulich, dass es keine technischen Gründe mehr gibt, die für einen Korken als Weinverschluss sprechen. Wie ich schon mehrfach erwähnte, haben Naturkorken neben dem Risiko des Korkfehlers, also der Kontamination des Weins mit TCA, auch den Nachteil, dass ihre Sauerstoffdurchlässigkeit (OTR) über mehrere Zehnerpotenzen schwanken kann.

Tatsächlich war die mit der geringen OTR verbundene Nano- oder Mikrooxidation, von der die wenigen Weine profitieren, die eine lange Kellerreife benötigen, lange Zeit ein gutes Argument für den Korken. Schraubverschlüsse mit einer Metalldichtung lassen nämlich deutlich weniger Sauerstoff passieren, weshalb Weine unter Naturkorken anders reifen als unter solchen besonders diffusionsdichten Schraubverschlüssen. Inzwischen gibt es aber von vielen Anbietern spezielle Schraubverschlüsse mit präzise eingestellten OTRs, die für jeden Weintyp genau die passende Nanooxidation erlauben. (Siehe z.B. hier: http://winesvinesanalytics.com/…/Product-Focus… )

Korkfehler könnten verhindert werden

Diese Verschlüsse haben gegenüber den Korken den Vorteil, dass die Schwankungsbreite der Sauerstoffdurchlässigkeit sehr gering ist, verschiedene Flaschen also sehr ähnlich reifen. Jeder ambitionierte Weintrinker, der lagerfähige Weine wie Bordeaux GCC oder Barolo selber bis zu ihrer Trinkreife einlagert, weiss, dass nach 10 oder 20 Jahren zwei Flaschen aus der selben Kiste sich völlig unterschiedlich entwickelt haben können. Der Grund ist dann fast immer die unterschiedlichen OTRs der Korken.

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Bestimmung des effektiven Sauerstoffdiffusionskoeffizienten und der Sauerstofftransmissionsrate (OTR) für Korkstopfen im Flaschenhals und Korkstopfen (c) by Thomas Karbowiak

Das Problem der premature oxidation (Premox), das seit den 1990er Jahren vor allem (aber nicht nur) weisse Burgunder betrifft und dort eine ebenso grosse Pest wie TCA ist, hat mutmasslich viele verschiedene Ursachen. Bei meiner Recherche über Korkverschlüsse stiess ich auf eine interessante Veröffentlichung in npj Science of Food, welche die unterschiedlichen OTRs von Naturkorken als einen wesentlichen Faktor der Premox belegt. Hier meine kurze Zusammenfassung:

Nach der Farbe wurden je zwei Flaschen der selben Weine ausgewählt, wobei jeweils eine Zeichen von Premox zeigte, die andere eine intakte Farbe aufwies. Nun wurden die Flaschen durch das Glas angebohrt, um den Wein zu entnehmen und zu untersuchen. Dann wurde die Gasdurchlässigkeit der Korken im Flaschenhals gemessen. Das Ergebnis: Die Korken der Weine, die durch Premox verdorben waren, liessen bis zu 390 Mal mehr Sauerstoff passieren als die Korken der intakten Flaschen. Während durch den guten Korken nur 0,08 g Sauerstoff pro Jahr passieren konnte, liess der schlechte Korken ganze 32,4 g Sauerstoff pro Jahr passieren. Interessant ist, dass der Löwenanteil des Sauerstoffs an der Grenzfläche zwischen Korken und Glas in die Flasche diffundierte.

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Die in dieser Studie analysierten Flaschen der Jahrgänge 2005 bis 2006 stammen aus derselben Charge, wobei eine als nicht oxidiert und eine als oxidiert vermutet wird. (c) by Thomas Karbowiak

Ich vergleiche diese Schwankungsbreite gerne mit der Streuung der Motorleistung eines Autos. Ein Auto, das laut Datenblatt 150 PS leistet, kann tatsächlich nur 140 PS oder auch volle 160 PS haben. Hätte es die Qualität eines Korkens, könnte es aber auch passieren, dass es nur 3 PS oder auch furchteinflössende 1200 PS haben könnte. Würde der Kunde so eine Schwankungsbreite akzeptieren? Wenn es beim Öffnen schön „Plopp“ macht, vielleicht schon, dafür begnügt man sich dann gerne auch mit 3 PS…

Hier der Link zu dem Paper: nature.com/articles/s41538-019-0045-9